Atelier Ines Rosemarie Geister
Atelier Ines Rosemarie Geister
Das Leben unserer Ahnen
Artikel aus der Mai 2004 Ausgabe des Vierländer Boten
Das Leben unserer Ahnen
Freilicht-Museum Rieck-Haus
Curslack (ig) - Einmal die Hand aufs Herz: Wann waren Sie das letzte Mal im Rieck-Haus? Dieses wunderschöne alte Bauernhaus steht auch heute noch Sommer wie Winter für alle Interessierten offen.
Mit viel Humor werden Sie von Christel Eggers durch das Haus und in die Lebensweise unserer Vorfahren eingeführt. Können Sie sich vorstellen, wie platzsparend und vor allem wie gemütlich warm es ist, im Sitzen in einem Alkoven, zusammen mit Kind und Maus zu schlafen? Dass nicht nur die Mäuse, die sich im Stroh des Alkoven häuslich eingerichtet hatten, das eine oder andere Mal plattgedrückt wurden, sondern auch die Kinder, kann man sich heute kaum noch vorstellen.
Immer gut im Blick hatte der Bauer von seinem „Bett“, in dem sich ein Fenster befand, von dem aus er das ganze Gebäude beobachten konnte, die Alkoven der Knechte und Mägde. Die Mägde schliefen mit den Kindern links, die Knechte rechts. Im Stall standen die Kühe links, die Pferde rechts. Die noch heute von der Decke hängenden Säcke, die gegen die Kälte schützen sollten, begründeten das Sprichwort „Ihr habt wohl Säcke vor den Türen?“
Über der offenen Feuerstelle im Wohnbereich des Hauses hingen an der Decke die Würste, die durch den Rauch haltbar gemacht wurden. Damit das Fett, das durch die Hitze aus den Würsten austrat nicht verloren ging, es wurde unter anderem zum Einfetten von Leder benutzt, fand aber auch in der Küche noch Verwendung, standen auf dem Boden Schälchen, die das Fett auffingen. Jeder kann verstehen, dass es nicht gerne gesehen war, wenn jemand aus Unachtsamkeit „ins Fettnäpfchen“ trat.
Im hinteren Teil des Hauses befindet sich, neben „de lüt döns“, den Räumen der Alten mit einem herrlichen, wärmenden Kachelofen, die Speisekammer mit beispielsweise dem Scheffel, mit dem das Getreide abgemessen wurde. Mit der Hand das überschüssige Getreide flach abgestrichen, war „das Maß gestrichen voll“. In „de groot döns“, dem Wohnbereich des Bauern, steht nicht nur eine große Truhe, in der das Geld „auf die hohe Kante“ gelegt wurde, sondern auch die „Heuhner-Bank“. In der Heuhner-Bank wurden im zeitigen Frühjahr die Hühner gehalten, die in dem mit Holztüren verschließbaren unteren Teil ihre Jungen, die „Stuben-Küken“, ausbrüteten. Dieses Stuben-Küken wurden auf dem Markt verkauft und brachten dem Bauern das erste Geld des Jahres. Der Vorteil der Bank war aber auch, dass man keine kalten Füße auf dem eiskalten Boden bekam, denn die Bank war so hoch, dass die Füße in der Luft baumelten. Unliebsame Gäste wurden auf die Heuhner-Bank gesetzt, wo sie „kein Bein auf die Erde bekamen“. Allerdings schnürt die Kante auch das Blut in den Kniekehlen ab, so dass diese Gäste garantiert nicht lange blieben.
Lassen Sie sich doch noch mehr Geschichten und die praktische Herkunft so manchen Sprichwortes anschaulich erklären und statten Sie dem Rieck-Haus mal wieder einen Besuch ab. Es macht Spaß, Christel Eggers zu lauschen. So viele Geschichten kann sie noch erzählen. Von der „Kurzen Laake“ (Curslack) bis zur Verwendung der „Freiweide“, die es heute noch in der Nähe der Sternwarte in Bergedorf gibt. Scheuen Sie sich nicht, Fragen zu stellen.
Bis zum 31. Oktober 2004 ist in der Scheune neben dem Hauptgebäude auch eine Ausstellung zu Gast, die das Motto hat: „Ungebetene Gäste? Von Spatzen, Fliegen und Mäusen“. In dieser Ausstellung erfahren Sie, was sich die Menschen schon alles einfallen lassen haben, um unliebsame Gäste vertreiben zu wollen. Es lohnt sich also doppelt, ein Besuch im Freilicht-Museum Rieck-Haus.
© Ines Geister 2004